Anton Moosbrugger 1942 in Egg geboren 1960 bis 1964 Ausbildung als Bildhauer an der Schnitzschule Elbigenalp. Studium an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei den Professoren Hans Andre und Josef Pillhofer. Fachlehrer an der Schnitzschule Elbigenalp, ab 1979 als Kunst- und Werkerzieher am BRG Schoren, Dornbirn und seit 1982 am Collegium San Bernardi in Bregenz tätig. Adresse:
Forellenweg 3/5, 6900 Bregenz, 05574/75091 programm frühjahr / sommer 1998
Ich mag Holz. Es hat etwas Mütterliches an sich, ist geduldig, hält Fremdes unter einem Dach zusammen und zeigt auch seine Anfälligkeiten in bezug auf das Zeitliche. Schon zur Zeit Babylons wurde Holz mit gegensätzlichen Materialien kombiniert, Aus dem Mittelalter sind uns goldblechbeschlagene Holzskulpturen erhalten geblieben, Und wer hat nicht schon die ästhetische Wirkung eines Scheiterstapels an der sonnigen schindelverkleideten Wand eines Bregenzerwälderhauses genossen? Ich breche also eine Lanze für den
Holzweg, egal, wie andere über ihn denken mögen. Das Thema Torso als Prothese zum
besseren Verständnis des Vergänglichen ist ein wesentlicher Aspekt meiner Arbeit, Doch
mehr und mehr entwickeln sich Körperfragmente zu Geräten, Instrumenten und
Ritualobjekten, Zum Schamanismus wäre es nicht mehr weit. Er kann für mich nicht der Weg
sein, Ich bin jedoch überzeugt, daß ein HIN- ja HINEINTRETEN in eine Bildwelt der
Farben, Formen und Strukturen zu sinnlichen Erlebnissen führen kann und somit auch eine
Tür zur Therapie offensteht. So zieh ich eben mittels Prothesen und Therapie meine Spuren
auf dem Holzweg. Anton Moosbrugger. Objects a dr Egg Faktisches bestimmt das Werk: das Objekt in seiner Dinglichkeit, das Holz, die Farbe, Textil oder Metall als Material, das Sujet, bedingt durch seine Gestaltungselemente, Die Bezugnahme von der Außen- zur ästhetischen Innenwelt erfolgt über ein dichtes Netz der Wahrnehmung. Optische, haptische und akustische Signale locken in das Reich ominöser "Sinnlichkeit", in dem der Alltag als kritisch ironische Zeitdiagnose Moosbruggers erlebt wird, abbildender Komponenten entzieht er sich nicht. Zentrales Thema seiner Arbeit ist der Mensch, als Torso, deformiert oder in symbolhaft witziger Übersteigerung des Körperlichen. In zunehmendem Maße aber involvieren "brettförmige Leiber" (Moosbrugger) und überschaubare Flächengrenzen in den visuellen Prozeß. Rohe Bretter, weiß getüncht, mit einer Leiste verbunden, Einfachheit als mönchisches Prinzip der "Konvent": Geometrischen Grundformen angenähert treten die Einzelteile in Beziehung zueinander Räumlichkeit wird konstruiert, materiell und in der potentiellen Wandelbarkeit des Kunstwerks der Faktor Zeit sinnfällig, Die Versammlung der Konventualen wächst oder schrumpft durch das Hinzukommen/-geben, den Abgang/die Wegnahme ihrer Mitglieder/Glieder. Erlebtes, das aus dem Kontinuum des Erlebens in besonderer Weise herausgehoben scheint, gibt Moosbrugger unmittelbaren Anla8 für dessen bildnerische Umsetzung, "Stammtorsi", Relikte aus dem eigenen Wald, der dem Sturm von 1989 zum Opfer fiel, bleiben als "Mahnmale" und "Ritualinstrumente" erhalten, die den bizarren Bildern des Geschehens Zeichen entgegensetzen, "menschennah, sinnlich und funktional" (Moosbrugger) Notenobjekte "Opus day". Irritierendes bricht ein; weniger die Materialität des Geschauten, die Dominanz einer übermannsgroßen Tonabfolge von sieben viertel, halben und ganzen Noten, als vielmehr die Wahrnehmung menschlicher Eigenschaften als deren Wesenszug eröffnen den Reigen möglicher Interpretationen. Auftakt zum Tag gibt eine Viertelnote in "c", ein Sitzobjekt, das zu verweilen, zu meditieren auffordert der Thron des Komponisten, des Interpreten? Vielleicht. Ein sensibles Spiel mit Metaphern, die auf die eigene Realität verweisen, auf Bekanntes stoßen lassen, schlägt Note um Note eine Brücke von der Kunst, dem beseelten hölzernen Werk, zum Kunstbetrachter, Sind sich die beiden Halbnoten in "d" antithetisch zugeordnet mit weiblichem und männlichem Duktus, so gilt das Notenobjekt in "f", koloristisch nicht klar identifizierbar, wohl als "Diplomat" des "Opus day", während das "e" als Star der Installation auch akustische Varianten zuläßt, Trotz der Deutungsmöglichkeiten von Sturz und Ende kommt dem liegenden, vorletzten Objekt die spielerisch animatorische Rolle zu ein letzter dynamischer Akt bevor eine ganze Note auf schwarzem Lagerbalken, die reduzierteste Form innerhalb der Tonabfolge, sich zu sammeln ermahnt. Das Kalkül des Künstlers, das Werk in den Kontext des "Gebrauchs" zu stellen, profitiert von der suggestiven Kraft sinnlicher Reize, die von der Struktur der Oberfläche ausgeht. Das Verlassen des konventionelleri Ausgangspunktes aber verunmöglicht die optische Gesamtwahrnehmung des Objekts, läßt jedoch im Falle Moosbruggers Wand-Boden-Landschaftsobjekten in ungewohnte Farbenergien eindringen: "Heiliger Berg", "Heißes Tal", eine Meditation zum Gedicht "Drückende Hitze" von Wang Wei: "Rotglühender Sonnenball füllt Himmel und Erde aus, Feurige Wolken türmen sich auf zu Gebirgen... " In Wang Wei: "Jenseits der weißen Wolken" findet sich auch jene rhythmisch in Bilder gesetzte Stimmungswelt der chinesischen Lyrik, der Moosbrugger in einer "Abendlandschaft" seine Individualität zufließen läßt: "Ein Besuch in der Bergklause des Mönchs Tan-hsing vom Hua-kan-Kloster" "... In Büscheln blühn die wilden Blumen wunderbar, Ein Vogelgeschrei hallt in der tiefen Schlucht, Abend-Zazen still sind die leeren Wälder, Der Wind in den Föhren tönt schon wie im Herbst." Im Werk Moosbruggers überkreuzen sich Sinnlichkeit und Sinn subtil: "Meine schwarze Schafherde" ist durchaus ironisch als Allegorie auf die Unterrichtstätigkeit des Künstlers zu verstehen, wenngleich die Möglichkeit der Spekulation offenbleibt. Konzeptionell ist das Objekt darauf angelegt, es zu berühren und erst durch die Kontaktnahme mit dem Bildkopf, der weißen Herde, sieht sich der Betrachter selbst in einer Realität der Polarisierung von Weiß und Schwarz, Gut und Böse, Reich und Arm, Geläutertem und Sünder. Auch in den beiden Panoramen I und II nimmt Moosbrugger unmittelbaren Bezug auf seine Lebenswelt. "Mein Egg, mein Bahnhof", eine skurrile Mixtur von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die materialsprachlich die Sorge um den Fortbestand des unscheinbaren Kulturgutes der Heimatgemeinde anklingen läßt. In allen Wand-Boden-Landschaftsobjekten
nähert sich der Betrachter dem Kunstwerk über den Prozeß der visuellen und haptischen
Wahrnehmung; "Akropolis" bildet eine Ausnahme. Ohne zu realisieren, daß das
Kunstwerk den Betrachter einbindet, steht er mit dem Rücken zum Tempelberg, bestaunt die
Bildwand und setzt sie über sich in Beziehung zum Raum. Im Werk Moosbruggers stehen
wundervoll harmonische Farbsequenzen neben der Fragwürdigkeit der schönen Oberfläche,
Meditatives, wie der "Anatolische Frühling", neben der Persiflage
"Das Ende Modulors?". |